Mittwoch, 18. März 2015

Spiegelweben

(den Begriff hat mein Mann "erfunden" und ich finde es besser als die Anglizismen wie Contiguous Weaving)
Hier war es eine Weile still, was aber nicht heißt, dass ich die Hände im Schoß hatte. Das kann ich gar nicht.
Bei einem Spinntreffen vor knapp 4 Wochen hatte ich beiläufig etwas gesehen, was mich nicht mehr losgelassen hat: Da hatte jemand gewebte Stoffstücke dabei, die endlos gewebt wurden. Dazu benötigt man einen Tri- Loom bzw. einen Square- Loom.

Ich habe also recherchiert, nachgedacht, wieder recherchiert, skizziert, geplant, probiert und schlussendlich konstruiert.

Das Ganze funktioniert mit einem endlosen Faden, der nur auf einer Seite mittels Häkelnadel verwebt wird, dann um einen Nagel/ eine Nadel gelegt wird und zur gegenüberliegenden Seite geführt wird. So wird die Kette während des Weben kontinuierlich gebildet.
Dazu gibt es sehr anschauliche Videos auf Youtube, allerdings nur auf Englisch.

Es gibt hier solche Rahmen auch zu kaufen, allerdings nur in festen Größen, also nicht verstellbar.

Verstellbare Rahmen gibt es auch zu kaufen, diese sind dann in Stufen zu verstellen. Allerdings entweder als Dreieck oder Quadrat, nie in Kombination. Und all das nur über den großen Teich, wo die Versandkosten schon den Materialwert übersteigen.

Das erste so gefertigte Produkt ist diese Tasche:










Den ersten Test habe ich mittels Stecknadeln und einem Kissen/ Korkuntersetzer gemacht:
Dabei ist nur zu beachten, dass es ein Quadrat ergibt. Für Rechtecke muss die Lange Seite teilbar durch die Kurze Seite sein.






Dann habe ich gegrübelt, nachgedacht und immer wieder skizziert, um einen völlig flexibel verstellbaren Rahmen zu ersinnen, der sowohl für Quadrate, Rechtecke und Dreiecke nutzbar ist.
Völlig frei in den Größen deshalb, weil ich evtl. auch für Kleidung nutzen möchte. Die soll dann gut passen, denn auf Säcke steh ich nicht.

Ein weiterer Vorteil ist, dass meine Variante zerlegt und in einer (noch nicht existierenden) Tasche nicht viel mehr Platz als ein Besenstiel braucht.

So, und nun auf in die Werkstatt:

Materialien:
Holzleiste, je nach gewünschter Größe (bei mir 4,80 Leiste im Querschnitt 30x13mm) plus ein paar Holzresten, die ich noch da hatte
12 kleine Holzschrauben
4 Winkelschrauben mit Schlossgewinde
4 passende Unterlegscheiben
4 Flügelmuttern
viele kleine Nagelstifte (Leistennägel 1,2 x 20 mm, da schmal und fast ohne Kopf)
2 Hakenschrauben mit Holzgewinde
Klettband zum Kleben, Flauschseite, etwas weniger als die Holzleisten
Klettband zum Kleben, Hakenseite, 6x die Breite der Leiste
Dünne Holz- oder dicke Pappreste
Schnur, 2x so lang wie die Hypotenuse des Dreiecks
evtl. Kordelstopper

Werkzeug:
Holzsäge
Gehrungslade
Holzbohrer (1x so dick wie die Schlossschrauben, 1x zum Vorbohren der Schraubverbindungen, einen kleinen Bohrer zum Vorbohren für die Nägel)

Das Quadrat:

(Ich habe die Nägel bislang noch nicht über die ganze Länge eingesetzt, das kommt aber sicher noch...)
Ich habe 4 Leisten für die Rechteckvariante zugeschnitten. So lang wie das größte Quadrat plus Leistenbreite. Bei mir 70 cm.

Um die Verbindungen herzustellen habe ich aus Resten der Leisten Rechtecke gesägt, die doppelt so lang sind wie die Leiste breit, also 6cm. In die Enden kommt je ein Loch rein, so dick, dass das kurze Ende der Winkelschraube reinpasst.
Dann kommt noch etwas Pappe oder dünnes Holz dazu, damit die Dicke des Klettbandes überbrückt wird. Das wird dann so verschraubt:
In die Leisten müssen ja auch noch die Nägel: Ich habe im Abstand von 6mm von der Kante angezeichnet. Der erste Nagel 3 mm ab Leistenbeginn, dann habe ich im Abstand von 1 cm angezeichnet, dazwischen immer noch 2 weitere Bohrungen, so dass bei mir auf 3 Nägel pro cm kommen. jetzt noch die Nägel rein. Für die ersten 2 Nägel war viel Fantasie nötig, um den Abstand zur anstoßenden Leiste zu überbrücken: Ich habe dann 2 etwas längere Nägel so verbogen und platziert, dass der erste genau über dem Leistenende sitzt und der zweite 3mm darüber steht.


in 2 der 4 Endstücke kommt noch eine Hakenschraube rein. Wofür? Kommt später...


Auf die Endstücke kommt noch das Klettband mit Haken, auf die Unterseite der Leisten wird das flauschige Klettband auf die ganze Länge geklebt.













Jetzt noch die Verbindungsstücke bauen:
(Meine sind länger als es sein muss, aber das ist in der Probephase entstanden)
Ich habe dafür noch vorhandene Buchenleiste verwendet. Das Holzstück muss etwas länger sein als die Leisten breit. Dann ein Loch durchbohren, so dass es den Abstand zur Kante hat wie die Nägel zur Leistenkante, Die Winkelschraube durchstecken, dann die Unterlegscheibe und die Flügelschraube.






Das Dreieck:


Für eine der Katheten wird eine der bereits fertigen Leisten vom Quadrat verwendet.
Für die zweite Kathete wird eine Leiste zugeschnitten: so lang wie die des Quadrats, ab da wird 45° nach außen (also länger als die anderen Leisten) angezeichnet. (also kommt nochmal die Leistenbreite zur Länge dazu)

Die lange Leiste errechnet sich wie folgt:
Hier muss ich auf einen alten Griechen, der definitiv rechnen konnte, verweisen: Der Pythagoras, der Die Errechnung der Seitenlängen an einem rechtwinkligem Dreieck ermöglicht: a²+b²=c²

Da es sich hier um ein gleichseitiges Dreieck handelt, vereinfacht sich die Formel auf:
2 * a²=c²

a sind die Katheten, c ist die Hypotenuse (die lange Seite)

Also sieht die Formel so aus:
Bei meinen 70 cm langen Leisten und 3 cm breiten Leisten sind das 97,7cm. ab da wird wieder im Winkel von 45° gesägt, damit wird die Leiste nochmal um eine Breite länger.

Die Verbindungsstücke werden dazu auch im 45°- Winkel gesägt, am Ende gebohrt wie bei den anderen und an den schrägen Seiten untergeschraubt:
Die Nägel in der Kathete werden genauso gesetzt wie bei den anderen Leisten.

Die Nägel der Hypotenuse sollen 8 mm von der Kante entfernt sein.
Die Nägel müssen in größerem Abstand gesetzt werden: Jetzt kann man das auch wieder mit dem Pythagoras errechnen oder den Abstand wie bei den anderen Leisten mit 1,41 multiplizieren, das kommt auch hin.

Auch diese Leisten erhalten Klettband wie die anderen Leisten.

Jetzt fehlt noch ein Kamm, mit dem man die Fäden an die anderen schieben kann: Einfach in ein kleinem Holzrest noch ein paar Löcher bohren und Nägel durchschlagen.
Jetzt ist Schluss mit Bauen! Nach dem Aufräumen wird angewebt! Dazu die Leisten im gleichen Abstand positionieren (ich habe noch jeden 10. Nagel mit Grün, jeden 30. Nagel in Rot markiert), dabei liegen die Leisten mit den Haken sich gegenüber. Dann werden die Verbinder mit den Winkelschrauben in die Löcher gesteckt und die Flügelschraube angezogen.
Jetzt kommt noch die Kordel zum Einsatz. Diese wird über die Haken gelegt und so verkotet (oder mit dem Kordelstopper), dass sie straff gespannt ist, aber das Quadrat rechtwinklig bleibt. Das gibt Stabilität, sonst verschiebt sich das Quadrat beim Weben.

Da die Wolle ziemlich dick ist, habe ich hier nur jeden 2. Nagel benutzt. Das kann man je nach Garnstärke variieren.

Gewebt wird mit einer Häkelnadel oder einem Knüpfhaken, was ich noch einfacher finde. Der Beginn der Webarbeit liegt entgegengesetzt zur Kordel:
So entstehen Quadrate:
Rechtecke:
oder Dreiecke:
(wie man sieht, zieht es sich ganz ordentlich zusammen beim Abnehmen)
um sie zu  dieser Form zusammenzusetzen:
Zusammengefügt wird das durch Häkeln, wobei man keinen Faden braucht, man nimmt die Schlaufen, die es am Rand gibt und zieht die hinter Schlaufe durch die Vordere, dann die vordere durch die hintere, die nun auf der Nadel liegt. Das gibt eine erstaunlich flache Naht, die auf beiden Seiten gleich aussieht.
bis alles zusammengenäht ist

Die Wolle dafür ist handgesponnen und mit Walnuss gefärbt. 1 ist als Flocke mit Schalen kochend gefärbt, 2 ist mit Blättern gefärbt, 3 ist der 2. Zug der Blätterfärbung, der Strang wurde dann zur Hälfte mit Eisensulfat nuanciert, so dass ein Verlauf entsteht. 4 ist der dritte Zug der Blätterfärbung, diesmal vollständig mit Eisensulfat nuanciert.
Die Tasche habe ich noch gefüttert und mit Griffen, Reißverschluss und Träger ausgestattet.

Diese Technik begeistert mich total und ich werde da sicher noch so einiges mit der Methode kreieren... Mehr dazu gibt es jetzt hier!

Viele wollige Grüße!

Katja

2 Kommentare:

  1. Vielen Dank für die ausführliche Bauanleitung. Diese Art Webrahmen interessiert mich seit ich vor einiger Zeit erstmals von einem Triloom gehört habe. Ich würde das sehr gern einmal ausprobieren.
    LG
    Siebensachen

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  2. Liebe Katja,
    ich sehe du bist auch immer für ausgefallene Ideen zu begeistern. Toll wie du es geschafft hast, den Rahmen nachzukonstruieren.
    liebe Grüsse,
    Sandra

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